Die aktuelle Entscheidungsfindung im Tumorboard beruht aktuell auf retrospektiven Arbeiten und Beobachtungsstudien. Das grundlegende Problem mit der bestehenden Literatur ist die Heterogenität der Studienpopulationen und der chirurgische Arm mancher Studien beinhaltet Pneumonektomien, Lobektomien und auch sublobäre Resektionen. Dementsprechend sind keine schlüssigen Ergebnisse zu erwarten.
In einer Analyse von Detillon et al wurden nur Patienten über 65 Jahren mit NSCLC im klinischem Stadium I nach VATS Lobektomie oder SBRT verglichen. Die chirurgische Behandlung war sowohl vor, als auch nach propensity-score-matching mit einem hoch signifikant besseren Gesamtüberleben verbunden (Chirurgie: 77; SBRT: 33 Monate), das Tumor-assoziierte Überleben war jedoch nicht unterschiedlich. Ähnliche widersprüchliche Ergebnisse werden auch in anderen rezenten retrospektiven Arbeiten berichtet. Eine Meta-Analyse dieser nicht randomisierten Studien von Chen et al kombinierte die Ergebnisse von 16 propensity-score korrigierten Analysen und bestätigte das bessere Gesamtüberleben nach Chirurgie mit Vorteilen für Lobektomie und sublobäre Resektion, aber das gleiche Tumor-spezifische Überleben wie nach SBRT. In einem noch aktuelleren systematischen Review mit Meta-Analyse von Cao et al aus 2019 wurden 23 Patientenkohorten für eine quantitative Analyse eingeschlossen. Sowohl das Gesamtüberleben, als auch das Tumor-spezifische Überleben, und die lokale Kontrolle waren nach Chirurgie besser als nach SBRT mit Vorteilen für Lobektomie und sublobäre Resektion.
In der sogenannten MISSILE Study wurden 40 Patienten primär einer SBRT und 10 Wochen später nachfolgenden chirurgischen Resektion unterzogen. Eine pathologisch komplette Remission wurde nur in 60% gefunden, so dass 40% der Patienten vitale Tumorzellen nach einer hochdosierten SBRT aufwiesen.
Basierend auf dem Lung Cancer Study Group (LCSG) 821 Trial ist die Lobektomie bis heute die Therapie der Wahl bei T1 Tumoren, um die Inzidenz von Lokalrezidiven bei sublobärer Resektion niedrig zu halten. Bei cT1aN0 Erkrankungen werden heute jedoch zunehmend häufig auch anatomische Segmentresektionen angeboten.
Die Wahl eines minimal-invasiven operativen Verfahrens ist nicht nur wegen der postoperativen Morbidität und Mortalität, insbesondere bei älteren Patienten bedeutsam, sondern hat auch aus der onkologischen Perspektive klare Vorteile. Die Qualität der Resektion ist dem offenen Verfahren zumindest ebenbürtig, wobei das deutlich geringere operative Trauma zu einer verbesserten Immunkompetenz und Prognose besonders in frühen Stadien führt.
Zusammenfassung: Die thorakoskopische Lobektomie ist das Verfahren der ersten Wahl in der Behandlung des Stadium I NSCLC. Die primäre Radiotherapie ist das Verfahren der Wahl bei Patienten mit peripheren lokalisierten Stadium I Tumoren bei funktioneller Inoperabilität, oder definitiver Ablehnung einer Operation. Die funktionelle Inoperabilität hat in einem interdisziplinären Tumorboard festgelegt zu werden.